Szenarientechnik Beispiel: Mit der 3x3-Matrix zu strategischer Klarheit

Portrait von Constantin Melchers tantin Consulting UG
Constantin Melchers
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Lesezeit: 8 Minuten
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Letzes Update:
5.5.2025

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Klassische Szenarientechnik kratzt oft nur an der Oberfläche: Zwei Achsen, vier Felder, etwas Diskussion – aber selten echte Erkenntnis, geschweige denn Veränderung. Der Versuch, Komplexität durch einfache Modelle zu zähmen, führt allzu oft zu Scheinstrategien oder Denkvermeidung.

tantin setzt bewusst anders an: Die 3x3-Matrix ist kein Planungsraster, sondern ein Resonanzraum für Zukunft. Sie erzeugt keine Antworten, sondern Konfrontation – mit neun Feldern, die entlang zweier strategisch relevanter Spannungsachsen angelegt sind.

Nicht um Prognosen zu treffen. Sondern um emotionale, kulturelle und strategische Spannungen sichtbar zu machen – und einen Raum zu öffnen, in dem Selbstüberwindung möglich wird.

Szenarien als Werkzeug – oder als Ausrede?

Szenarientechnik gilt als Klassiker in der strategischen Vorausschau. Doch viele Unternehmen nutzen sie wie ein Feigenblatt: Man produziert Zukunftsbilder, erstellt hübsche Folien – und kehrt anschließend in den gewohnten Trott zurück. Komplexität wird illustriert, aber nicht durchdrungen. Szenarien sollen Orientierung geben, doch allzu oft erzeugen sie nur eine Illusion von Weitblick.

Die provokante These: Szenarien, die nicht zur Selbstüberwindung führen, sind nutzlos.

Was klassische Szenarientechnik oft verfehlt

Klassische Szenariomethoden fokussieren meist auf externe Unsicherheiten. Sie analysieren Megatrends, politische Kipppunkte, technologische Entwicklungen. Das ist wichtig – aber oft unvollständig.

Was fehlt:

  • Die innere Reflexion: Wie ist unsere Organisation aufgestellt, um mit radikalen Zukunftsbildern überhaupt umzugehen?
  • Der Mut zur Disruption des eigenen Denkens: Was, wenn nicht nur die Umwelt, sondern auch wir selbst uns transformieren müssen?
  • Die Verbindung zur strategischen Handlung: Viele Szenarien bleiben abstrakt – sie erzeugen keinen Impuls zur Veränderung.

Zukunft wird so zum Orakel – nicht zum Spiegel.

Die 3x3-Matrix: Resonanzraum für Zukunftsarchitektur

tantin nutzt eine erweiterte Szenarientechnik: die 3x3-Matrix. Sie ist mehr als ein methodisches Raster – sie ist ein Reflexionsraum, in dem Zukunft nicht nur gedacht, sondern gefühlt, gespürt und verhandelt wird.

Was macht sie besonders?

  • Sie verbindet zwei Spannungsachsen (z. B. „Ordnung vs. Chaos“ und „Autonomie vs. Kontrolle“) zu einem Denkfeld mit neun Resonanzräumen.
  • Sie zwingt zur Konfrontation mit Widersprüchen und Grauzonen – dort, wo klassische 2x2-Matrizen aufhören.
  • Sie lädt zur dynamischen Verortung ein: Wo stehen wir heute? In welchem Feld fühlen wir uns wohl? Wo müssten wir eigentlich hin?
Denkfeld mit neun möglichen Zukünften entlang zweier Spannungsachsen – beispielhaft für ein Unternehmen zwischen Klimapolitik und Digitalisierung.

Ein Beispiel: Zukunftsarchitektur für einen Mittelständler

Ein Bauzulieferer aus Süddeutschland möchte verstehen, wie sich die nächsten zehn Jahre gestalten lassen. Zwei zentrale Unsicherheiten werden gewählt:

  • A-Achse: Klimapolitik (inkrementell vs. radikal)
  • B-Achse: Digitalisierung (zentralisiert vs. fragmentiert)

Die 3x3-Matrix ergibt neun strategische Felder. Drei davon im Kurzprofil:

Feld 1: „Zentrale Steuerung, schwache Transformation“

Ein träger Staat gibt vage ökologische Signale, Großplattformen dominieren digital. Unser Unternehmen verharrt im reaktiven Modus. Ergebnis: Margendruck, Innovationsstau, kulturelle Erschöpfung.

Feld 5 (Zentrum): „Paradoxe Gleichzeitigkeit“

Starke Nachhaltigkeitsagenda trifft auf fragmentierte Digitalisierung. Es entstehen Chancen durch Nischenlösungen, aber auch hohe operative Unsicherheit. Führung muss multiple Zukünfte gleichzeitig managen.

Feld 9: „Regulativer Wandel, lokale Autonomie“

Die Politik verschärft Anforderungen massiv. Gleichzeitig zerfallen zentrale Strukturen. Wer lokal agiert, gewinnt. Unser Unternehmen könnte hier als regional verankerter Problemlöser punkten – aber nur mit mutigem Umbau.

Eine Szene aus der Praxis

„Wissen Sie, was uns wirklich überrascht hat? Dass unsere Leute intuitiv gespürt haben, wo sie nicht mehr hinwollen – noch bevor wir wussten, wo wir hinmüssen.“

So formulierte es der Geschäftsführer eines produzierenden Familienunternehmens nach einem 3x3-Workshop. Ursprünglich ging es um Marktoptionen. Heraus kam: eine schmerzhafte, aber klare Standortbestimmung. Der größte Gewinn? Kein Plan – sondern der Mut, endlich loszulassen, was sich überlebt hatte.

Wirkung: Selbstüberwindung durch Sichtbarmachung

Die Matrix zwingt zur Klarheit: Nicht nur über mögliche Zukünfte – sondern über eigene (Un-)Fähigkeit, darauf zu antworten. Sie zeigt nicht nur Optionen, sondern auch Blockaden. Und sie macht sichtbar:

  • Wo wir resonant sind – und wo wir stumm bleiben.
  • Welche Felder strategisch sinnvoll sind – und welche uns überfordern.
  • Was wir heute verändern müssen, um in Zukunft wirksam zu bleiben.

Die 3x3-Matrix wird so zum Spiegel strategischer Reife. Und sie lässt sich in vielen Kontexten nutzen:

  • In Jahresklausuren zur Standortbestimmung
  • In Transformationsprozessen als Szenariopool
  • In Führungsrunden als Resonanztest für strategische Entscheidungen

Bonus: Download & Anwendung

Du willst die Matrix selbst ausprobieren? Hier findest Du:

  • Die leere 3x3-Matrix als PDF-Vorlage
  • Ein Miro-Template für interaktive Szenarien-Workshops
  • Eine kurze Anleitung: Wie Du in drei Stunden neun Zukünfte entwickelst – ohne Dich zu verlieren

[Link: Resonanzmatrix 3x3 auf Miro]

Fazit: Szenarien sind kein Orakel – sie sind ein Echo

Wenn Du Zukunft nicht nur analysieren, sondern strategisch spüren willst, brauchst Du einen Rahmen, der mehr bietet als Varianten. Du brauchst einen Raum, in dem Du Dich selbst als Teil der Zukunft erkennst.

Die 3x3-Matrix tut genau das. Sie ist kein Werkzeug zur Kontrolle – sondern ein Resonanzraum für das, was kommt. Und für das, was in Dir bereits angelegt ist.

Denn echte Strategie beginnt nicht mit dem Blick nach vorne – sondern mit dem Mut zur Selbstüberwindung.

Quellen

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